Intersektionale Zuordnungsprobleme in Artusromanen um 1200

Jöran Balks

(Univ. Kiel)

Status: Dissertation, geplanter Abschluss: 3/2019

Höfische Literatur als Literatur einer selbstbewussten, weltlichen Elite dient in erster Linie der Bestätigung und Reflexion adligen Selbstverständnisses. Der Begriff ‚höfisch‘ steht dabei für die positive, markierte Seite einer Unterscheidung, mittels derer sich die Rezipient_innen höfischer Literatur von dem abgrenzen, was als ‚unhöfisch‘ – fremd, unzivilisiert, unberechenbar – gilt. Literarische Figuren, die sich weder gänzlich der einen noch der anderen Sphäre zuordnen lassen, brechen das Schema auf und sorgen für Momente der Spannung wie auch – dies ist eine These der Arbeit – der Reflexion. Die Untersuchung wird sich solchen Figuren annähern, indem sie das Merkmal ‚höfisch‘ intersektional als Konglomerat verschiedener sozialer Unterscheidungskategorien auffasst. In den drei Artusromanen Iwein Hartmanns von Aue, Parzival Wolframs von Eschenbach sowie Wigalois Wirnts von Grafenberg sollen solche Figuren bestimmt und intersektionalen Fragestellungen unterworfen werden: Welche Ungleichheitskategorien spielen jeweils eine Rolle, welchen treten zurück und wie verhalten sich die Kategorien zueinander? Leitet sich aus dem problematischen intersektionalen Status eine besondere narrative Funktion der Figuren ab? Inwiefern regt die Konfrontation mit schwer zuzuordnenden Figuren den Helden oder das Publikum zur Reflexion über eigene Normen und Weltvorstellungen an?
Die Dissertation soll untersuchen, ob das Paradigma der Intersektionalität narrative Logiken erklären hilft, und zugleich aufzeigen, wie Normen des Eigenen und des Anderen in Literatur erprobt und reflektiert werden. Zugleich gilt es, in historischem Kontext Analysekategorien wie etwa die ‚klassische‘ Trias race, class und gender kritisch zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen oder zu hierarchisieren.