Theresa Beckert
(TU Dresden)
Status: Dissertation, geplanter Abschluss: 2025
Mein Dissertationsprojekt untersucht anhand von Türkenpredigten, wie der Türkendiskurs des 16. Jahrhunderts mit der Herausbildung der christlichen Konfessionen verwoben ist, denn in den Predigten über „den Türken“ werden stets auch die Angehörigen der Eigengruppe adressiert und der konfessionelle Gegner (die katholische Kirche bzw. die reformatorische Bewegung) thematisiert.
Die Perspektivierung für meine Untersuchung bildet das Konzept des Otherings, das es erlaubt, die Performativität und Prozessualität von Identitäts- und Gruppenbildungen sowie von Abgrenzungen und Feindsetzungen zu erfassen: „Die Türken“ und der konfessionelle Gegner sind in ihrer Andersartigkeit sowie als klar vom Eigenen unterschiedene Gruppierungen nicht einfach gegeben, sondern werden durch performative Sprachhandlungen als ‚Andere‘ konstruiert. Ebenso prozesshaft und performativ ist die Konstruktion der jeweils eigenen Identität zu denken, die sich insbesondere in Abgrenzung zu ‚den Anderen‘ profiliert und stabilisiert.
Mein Ziel ist es, ein Inventar rhetorischer Strategien und Narrative des Otherings zu bestimmen, und zwar sowohl im Hinblick auf „den Türken“ als auch auf den konfessionellen Gegner. Gleichzeitig möchte ich zeigen, wie diese Negativfolie zur Aufwertung, Profilierung und Stabilisierung der Eigengruppe funktionalisiert wird.
Ich werde außerdem analysieren, welche Rolle der Gattung in der Realisierung des Otherings zu kommt, d.h. ich möchte die Predigt unter dem Aspekt ihrer Funktionalisierung für Identitätsbildungs- und Abgrenzungsprozesse beleuchten.
Mit meiner Arbeit möchte ich einen Beitrag zur Untersuchung der Herausbildung der christlichen Konfessionen leisten und aus germanistisch-kulturwissenschaftlicher Perspektive die formal-rhetorische Komponente des frühneuzeitlichen Türkendiskurses beleuchten. Ich möchte zeigen, wie fundamental christliche Identitätsbildungen mit der Auseinandersetzung mit dem Islam verwoben sind.
