Versnovellen im Kontext. Formen der Retextualisierung in kleinepischen Sammelhandschriften.

Margit Dahm-Kruse

(Univ. Kiel)

Status: Dissertation, geplanter Abschluss:

www.germanistik.uni-kiel.de/de/lehrbereiche/aeltere-deutsche-literatur/mitarbeiter/margit-dahm

Mittelhochdeutsche Versnovellen sind überwiegend in thematisch und texttypologisch heterogenen Sammelhandschriften überliefert. Die Untersuchung nimmt ein repräsentatives Korpus dieser Kompilationen in einer Zusammenschau überlieferungsgeschichtlicher, philologischer und hermeneutischer Fragestellungen in den Blick. An Konrads von Würzburg ‚Herzmaere’ als Modellfall einer vergleichenden Text-Kontext-Analyse wird gezeigt, dass die Sammlungsverbünde einen maßgeblicher Faktor für die Sinnkonstitution der inkorporierten Versnovellen darstellen, indem sie als Rezeptionskontext den Einzeltext durch divergente Profile jeweils unterschiedlich semantisieren. Gleichzeitig ist die Sammlung als Produktionsrahmen des einzelnen Textes auch ein zentraler Parameter für dessen individuelle Formgebung. Zahlreiche sinnstiftende Korrelationen zwischen spezifischen Textvarianten und tradierender Sammlung machen eine intentionale Anpassung an das textuelle Umfeld plausibel, wodurch sich neue Perspektiven auf textkritische Überlegungen und die Rolle des Schreibers im mittelalterlichen Textmodell ergeben.