Gudrun Felder
(Universität zu Köln )
Status: Sonstiges Projekt, geplanter Abschluss: abgeschlossen
Die Handschrift Gotha, Forschungsbibl. der Univ. Erfurt, Cod. Chart. B56, überliefert als einziger Zeuge den um 1300 entstandenen Roman ‚Die Heidin III‘. Dieser Roman von ca. 4.600 Versen Umfang war lange Zeit kaum zugänglich, lediglich in den textkritischen Apparaten der Edition, die Ludwig Pfannmüller 1911 von ‚Heidin I‘ und ‚Heidin II publiziert hat.
Im Rahmen des DFG-Editionsprojekts „Deutsche Versnovellistik des 13. bis 15. Jahrhunderts“ wurde der Text 2020 in einer kommentierten handschriftennahen Ausgabe erstmals vollständig herausgegeben.
Um den Roman einem größeren Publikum zugänglich zu machen, ist nun eine normalisierte Leseausgabe mit neuhochdeutscher Übersetzung erarbeitet worden.
Der Band wird neben der normalisierten Leseausgabe und der neuhochdeutschen Übersetzung eine ausführliche Einführung in den Text, seine Überlieferung und die Stoffgeschichte sowie ein Verzeichnis der Eigennamen enthalten.
Der Roman bietet sich besonders für die Lehre an, da er eine überschaubare Länge hat. Die in einem fiktiven Orient spielende Liebesgeschichte um einen christlichen Ritter und eine schöne Heidin verbindet Motive der Brautwerbung und Fernminne mit volkstümlichen und eher schwankhaften Elementen, er berichtet ausführlich von einem Kampf gegen einen Drachen und bietet – auch historisch interessante – Schilderungen von Friedensverhandlungen zwischen Christen und Heiden (Muslimen), die auf die Zeit der Kreuzzüge Bezug nehmen. Ein wesentliches Handlungselement, nämlich der Moment, wenn sich der christliche Werber zwischen der oberen und der unteren Hälfte der Heidin entscheiden soll, verbindet den Roman zudem mit der ‚Ars amatoria‘ des Andreas Capellanus und bringt damit noch ein ganz anderes literarisches Spektrum mit hinein.
Es spiegelt sich in diesem bislang kaum bekannten Text das ausgeprägte Interesse an der muslimischen Welt, wie es sich besonders prominent in Wolframs von Eschenbach „Willehalm“ oder Ulrichs von dem Türlin „Arabel“ zeigt. Dadurch bietet der Roman abwechslungsreichen Stoff für den Unterricht, dürfte aber auch für ein nicht wissenschaftlich interessiertes Publikum viel Unterhaltungswert besitzen.