Maria in der deutschsprachigen Passionsliteratur des Mittelalters

Prof. Dr. Petra Hörner

(Univ. Leipzig)

Status: Sonstiges Projekt, geplanter Abschluss: 2024

http://www.weidler-verlag.de/Lieferbare_Titel/H%C3%B6rner_Maria/H%C3%B6rner_Maria.html

Die in der vorliegenden Publikation von Viten und anderen literarischen Denkmälern abgegrenzte spätmittelalterliche Passionsliteratur überzeichnet bekanntlich das Leiden Christi drastisch. Dazu leistet Maria einen großen Beitrag. Analog zu Jesu natürlicher Angst einerseits und Opferbereitschaft andererseits befindet sich Maria in einem Konflikt. Aus Liebe zum Sohn ist sie gegen, aus Liebe zu den erlösungsbedürftigen Menschen jedoch für den Kreuzestod. Jesu soteriologische Entscheidung löst in Maria ein ambivalentes Verhalten aus. Sie unterstützt den Sohn zwar fürsorglich, belastet ihn aber gleichermaßen mit ihren Klagen und Bitten. Zwei Seiten hat auch das von Jesus geforderte Mitleid, das Maria als Inbegriff des mitliden und als größte Märtyrerin tatsächlich empfindet. Daher beauftragt Jesus die Mater dolorosa, die Menschen in die compassio und weiter in die imitatio Christi zu führen und als zuverlässige Glaubenszeugin im Glauben zu stärken. Sie agiert während er leidet und stirbt und konstituiert nach der Grablegung die Kreuzanbetung und die Kreuzwegandacht. Aus seinem Appell an Marias Mitleid resultiert aber auch für ihn die größte Leiderfahrung, denn er empfindet mitliden mit Marias mitliden, so dass er ihretwegen mehr leidet als wegen der durch die Marterungen verursachten Schmerzen.