Volkssprachliche Naturdidaxe. Darstellung und Instrumentalisierung von Flora, Fauna und Mineralien in deutschen Texten des Hochmittelalters

Sandra Hofert

(Univ. Mainz)

Status: Dissertation, geplanter Abschluss: 2020

https://www.grk-konzepte-mensch-natur.uni-mainz.de/sandra-hofert/

Die Belehrung durch die Natur und die Lehre von der Natur sind eng miteinander verbunden: In zahlreichen mittelalterlichen Texten werden Tiere, Pflanzen und Mineralien beschrieben und dabei unterschiedlich funktionalisiert. So werden ihre Eigenschaften und deren Auslegungen unter anderem bevorzugt für moral-didaktische Zwecke herangezogen. Unter diesem Blickwinkel möchte ich in meinem Promotionsprojekt verschiedene volkssprachliche Texte des Hochmittelalters, insbesondere des 13. Jahrhunderts, untersuchen und vergleichen, die sich mit dem Verhältnis von Mikro- und Makrokosmos, der Darstellung von Naturbestandteilen und deren Übertragung auf die Lebensführung der Menschen beschäftigen.

Verbunden mit einer Untersuchung der Wissenstraditionen, die den Texten zugrunde liegen, und der Konzepte von Natur und Mensch, welche in ihnen entworfen werden, ist die zentrale Frage nach den Vertextungsstrategien der verschiedenen Autoren, d. h. die Frage nach der jeweiligen Darstellung und Instrumentalisierung der Natur: Wie werden Tiere, Pflanzen und Mineralien didaktisch aufgeführt, beschrieben und eingesetzt, um den Ordo der Natur als Regelsystem für die Menschen zu nutzen? Welches Wissen wird durch sie vermittelt und wie wird mit den Bestandteilen der Natur umgegangen? Werden sie metaphorisch/allegorisch eingesetzt oder sind sie Teil eines ästhetischen Verfahrens?

Das Textkorpus soll sich auf wissensvermittelnde Texte konzentrieren. Unter diesen gibt es zahlreiche, in denen die Natur für didaktische Zwecken herangezogen wird – sowohl Groß- als auch Kleinformen. Daher möchte ich in meiner Arbeit prominente Vertreter beider Gruppen auswählen und analysierend gegenüberstellen: Bei den Großformen sollen insbesondere DER WELSCHE GAST von Thomasin von Zerclaere, DIE BESCHEIDENHEIT von Freidank und DER RENNER von Hugo von Trimberg untersucht werden. Die Untersuchung der Kleinformen konzentriert sich v. a. auf die Gattung des Sangspruchs, wie sie sich spätestens ab dem Ende des 12. Jahrhunderts im Sinne eines „Singens von und über Moral“ versteht und profiliert. So wird zum einen, synchron betrachtet, eine breite Textgrundlage gewählt, was die Aussagekraft und Repräsentativität der Ergebnisse gewährleistet, zum anderen wird auch, in diachroner Betrachtung, die Tradition miteinbezogen, sodass die Texte sowohl miteinander in Beziehung gesetzt als auch in ihren Traditionskontext eingeordnet werden können.