Schreiende Kriegswunden. Trauma in der mittelalterlichen Literatur

Sonja Kerth

(Univ. Bremen)

Status: Sonstiges Projekt, geplanter Abschluss: 2016

http://www.mittelalter.uni-bremen.de/?page_id=69

Im April 2013 hat an der Universität Bremen die Creative Unit "Homo debilis. Dis/ability in der Vormoderne", gefördert aus Mitteln das Zukunftskonzeptes der Universität Bremen im Rahmen der Exzellenz-Initiative des Bundes und der Länder ihre Arbeit aufgenommen. Bearbeitet werden verschiedene Forschungsprojekte zur Disability History aus den Bereichen Geschichte des Mittelalters, Archäologie und Germanistische Mediävistik.
Das literaturwissenschaftliche Projekt "Trauma" untersucht literarische Darstellungen andauernder seelischer Versehrung nach Gewalteinwirkung sowie Beeinträchtigung/Behinderung durch körperliche Traumen als Folge von Gewalt und Krieg. Neben traumatisierten Kämpfern in der deutschen Dichtung des Mittelalters sollen auch Frauen als Trauma-Opfer in Folge von Gewalt und Krieg (z.B. sexuelle Gewalt, Verlust des Ehemannes und die daraus resultierenden Folgen) Gegenstand der Analyse sein.
Auch wenn mittelalterliche Autoren kein spezifisches Wissen über Trauma und posttraumatische Belastungsstörungen besaßen, finden sich doch Traumaerzählungen, die die bleibenden Folgen gewaltsamer körperlicher Versehrung und seelischen Schocks durch extreme Gewalterfahrung thematisieren. Diese Traumaerzählungen spiegeln nicht Selbst-Erlebtes und sind nicht Resultat einer psychologischen Analyse der Figuren, sondern sie geben Einblick in ein kulturelles Trauma, das im Rahmen fiktionaler Texte die Folgen von Krieg und Gewalt (auch außerhalb des Krieges) thematisiert und den Hörern bzw. Lesern durch Interpretationsprozesse Sinnressourcen bereitstellt und Denkanstöße vermittelt: z.B. als Dichtung für eine Kriegeraristokratie, vor dem Hintergrund der zunehmenden Beschäftigung mit Affektverhalten und im Verhältnis der Geschlechter zueinander.