Die Affordanz von Pestschriften – Eine kontrastive Analyse von zweihundert Jahren Pestliteratur anhand des 12. Bandes des Zwölfbändigen Buches der Medizin Ludwigs V.

Melinda Lisa Michel

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)

Status: Dissertation, geplanter Abschluss: Februar 2025

Die Dissertation widmet sich der Analyse von Pestschriften. Mithilfe Gibbsons Affordanztheorie adaptiert auf mittelalterliche Wissensliteratur soll ein neuer Blickwinkel auf die Entwicklung von Pestschriften geworfen werden. Als Korpus dient das zwölfbändige Buch der Medizin, welches ursprünglich von Ludwig V. (1478-1544), Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz, verfasst wurde. Das zwölfbändige Buch der Medizin ist ein Monumentalwerk seiner Zeit. Dem Umbruch zum Frühhumanismus hin geschuldet, war die Sammeltätigkeit von Fachliteratur oder Literatur im Allgemeinen üblich, doch kommt keines der bekannten Werke nur annähernd an den Umfang Ludwigs Werk heran. Die Kompilation besteht aus über 16´000 Rezepten und ganzen 20´000 Einzelbeiträgen auf über 3´000 Pergamentblättern. Ludwig V. hat die Rezepte in frühhumanistischer Manier mithilfe seines Netzwerks, das sich zwar an dem Heidelberger Hof orientierte aber auch vereinzelt den gesamten deutschsprachigen Raum abdeckt, zusammengetragen.

Caroline Levine hat 2015 mit ihrem Werk „Forms: Whole, Rhythm, Hierarchy, Network.“ den Gedanken forms geprägt. forms bilden bzw. konstituieren sich erst durch nach einem bestimmten Muster angeordnete Atome. Levine wendet ihre erweiterte Affordanztheorie auf die Politkommunikation an. Sie zeigt, dass bestimmte Muster, genannt forms, sich wiederholen. In diesen forms überdauert Affordanz und hat einen bestehenden Charakter, auch wenn aus dem Kontext gerissen, kann das Objekt weiter bestehen bleiben. Daraus ergibt sich, dass die Pestschriften, die eigentlich mittelalterliche Gebrauchsliteratur darstellen, ihrer eigentlichen Eigenschaft beraubt wurden und Einzug in die Enzyklopädie Ludwigs V. fand. Folglich können die Muster, sprich die Affordanz gleichwohl untersucht werden, da wie Levine sagt, die Affordanz überdauert auch wenn der Kontext sich verändert. Das Projekt widmet sich daher dem Vorhaben die Muster dieser Handlungsmöglichkeiten und Handlungseinschränkungen aufzudecken und die verschiedenen forms miteinander zu vergleichen und daraus eine Entwicklung bzw. Veränderung in den Pestschriften ableiten zu können.