Von der Predigt zum Schauspiel. Der "Streit der Töchter Gottes" als Transformationselement religiösen Wissens im vor- und nachreformatorischen Schauspiel (14.-16. Jh.)

Michael Neumaier

(Univ. Tübingen)

Status: Dissertation, geplanter Abschluss: 2020

Die Allegorie des Streits der Töchter Gottes verhandelt die christliche Erlösungsthematik. Die Töchter, welche die göttlichen Eigenschaften Gerechtigkeit, Wahrheit, Barmherzigkeit und Friede repräsentieren, streiten darum, wie man mit dem sündigen Menschen verfahren soll. Gerechtigkeit und Wahrheit plädieren für eine Bestrafung, Barmherzigkeit und Friede für Amnestie. Schließlich wird der Streit durch den Sohn Gottes geschlichtet, der sich freiwillig als Sühneopfer hingibt, um den Sündenfall des Menschen zu kompensieren.

Das biblische Fundament der Allegorie ist Ps 84,11f. (Vulgata). Sie taucht im christlichen Kontext erstmals in Predigten auf und wird in verschiedenen literarischen Werken unterschiedlicher Gattungen rezipiert. Das Motiv begegnet in der Literatur des gesamten europäischen Raums und findet sich vom 12. bis ins 18. Jahrhundert. Die theologischen Hintergründe bilden je nach Version Soteriologie, Eschatologie, das Verhältnis von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes sowie Interzessionsvorstellungen.

Das Dissertationsprojekt untersucht in deutschsprachigen Schauspielen des 14. bis 16. Jahrhunderts, wie in den verschiedenen Versionen der Allegorie religiöses Wissen medial und inhaltlich aktualisiert sowie transformiert wird und welche Rolle hierbei neue theologische Impulse der Reformation spielen.

Siehe https://www.uni-tuebingen.de/forschung/forschungsschwerpunkte/graduiertenkollegs/gk-religioeses-wissen.html