Malena Ratzke
(Hamburg, jetzt Jena)
Status: Dissertation, geplanter Abschluss: 2019
Das Promotionsprojekt untersucht Formen und Funktionen politischer Rhetorik in narrativen Texten des 13. bis 15. Jahrhunderts.
Beschreibung zur Publikation (https://doi.org/10.1515/9783110754711):
Deutschsprachige Erzähltexte des Mittelalters verbinden das Problemfeld von Herrschaft und sozialer Ordnung oft mit der Darstellung rednerischer Kompetenz. Für Fürsten und herrschaftsnahe Eliten erscheint Eloquenz als zentrale Bedingung erfolgreichen Regierens. Über den Begriff der ‚erzählten Oratorik‘ untersucht diese Studie die narrative Inszenierung politischer Rede zwischen dem 13. und frühen 15. Jahrhundert, am Beispiel von Ulrichs von Etzenbach Alexanderroman, Ottokars von Steiermark Steirischer Reimchronik und Heinrich Wittenwilers Ring.
Die Monografie verbindet Ansätze der germanistischen Mediävistik mit Perspektiven aus der Geschichtswissenschaft, der Rhetorikforschung und der politischen Philosophie. Sie schlägt ein heuristisches Modell vor, das zwischen Darstellung, Repräsentation und Praxis als Untersuchungsdimensionen politischer Oratorik unterscheidet. So wird deutlich: Anders als vielfach angenommen, bricht die Tradition politischer Rede nach der Antike nicht ab – sie entwickelt genuin mittelalterliche Formen.
Projektskizze (2016):
Vorwiegend höfische, aber auch nicht zum Kernbestand höfischer Epik zählende Texte sollen darauf befragt werden, inwiefern sie Eloquenz als Bedingung für erfolgreiche Herrschaft bzw. erfolgreiche gemeinsame Politik inszenieren. Das Untersuchungsinteresse richtet sich dabei zum einen auf die Darstellung von Redekompetenz einzelner Figuren, die – etwa in der Tradition der Alexanderromane – als eloquente Herrscher, Ratgeber oder Diplomaten präsentiert werden. Von der Analyse entsprechender Redeszenen ausgehend soll zum anderen das Zusammenspiel verbaler und nonverbaler Formen symbolischer Kommunikation betrachtet werden, wobei besonders die Rolle von Rede im politischen Zeremoniell im Fokus steht. Eine dritte Fragerichtung zielt auf die poetologische Ebene der Texte. So können Szenen politischer Rede nicht nur als Beitrag der Verfasser zum politischen Diskurs verstanden werden, etwa in Form eines auf Beredsamkeit gründenden Herrscherideals; sie können auch programmatisch darauf ausgerichtet sein, dem Publikum die entsprechenden Fähigkeiten zu vermitteln, wie dies etwa von Konrad von Würzburg vertreten wird. Nicht zuletzt bieten die Szenen den Verfassern die Möglichkeit, ihr rhetorisches Können zu demonstrieren und ihre literarische Qualität zu beweisen.
Die Untersuchung knüpft an aktuelle Arbeiten im Bereich der Historischen Dialogforschung zu literarischen Redeszenen an und führt diese mit Ansätzen aus der historischen Oratorikforschung zusammen. Ziel ist es, den literarischen Diskurs über politische Rede sichtbar zu machen und auf Grundlage einer exemplarischen Auswahl von Texten Modelle zu seiner Beschreibung zu entwickeln.
Betreuer: Prof. Dr. Martin Baisch, Prof. Dr. Bernhard Jahn (Hamburg)